Seit 50 Jahren am Ordensklinikum Linz: Nierentransplantationen schenken Patient*innen neue Lebensqualität.
Am Ordensklinikum Linz Elisabethinen werden seit 50 Jahren Nieren nach dem Letztstand der Wissenschaft transplantiert. Jährlich werden rund 60 Nieren transplantiert (2023: 59) – damit liegt das Ordensklinikum Linz auf Platz 3 unter den vier Transplantzentren Österreichs (Transplantbericht 2022).
In Österreich finden pro Jahr etwa 700 Organtransplantationen statt, 400 davon betreffen die Niere. „Die Arbeit des zuständigen Teams ist interdisziplinär, sowohl Chirurg*innen und Anästhesist*innen als auch Nephrolog*innen und Urolog*innen sind daran beteiligt. Und die Transplantation hat am Ordensklinikum Linz Elisabethinen eine lange Tradition: Seit 1974 werden Patient*innen mit chronischem Nierenversagen nierentransplantiert. Das Transplantationszentrum ist neben Wien, Graz und Innsbruck eines von vier in Österreich“, so Dr. Michael Girschikofsky, Ärztlicher Direktor Ordensklinikum Linz Elisabethinen. „Besonders stolz sind wir auch auf die zahlreichen Studien, an denen sich das Transplantzentrum beteiligt, um sicherzustellen, dass die medizinische Versorgung im Haus auf dem neuesten Stand der Wissenschaft ist. So ist etwa heutzutage unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Transplantation bei Krebspatient*innen möglich.“
Das Ordensklinikum Linz ist auch für die Transplantkoordination aller Organe in Oberösterreich zuständig – eine äußerst aufwendige, weil zeitkritische Arbeit. Die Transplantation (kurz: NTx) ist laut Prim. Priv.- Doz. Dr. Daniel Cejka, Leiter der Abteilung für Nephrologie und Transplantationsmedizin, die beste Nieren-Ersatztherapie: „Neben der Belastung, die der ‚Halbtagsjob Dialyse‘ für die Patient*innen bedeutet, ist auch die Mortalität bei Dialyse-Patient*innen hoch. Die mittlere Lebenserwartung eines 50-jährigen Patienten mit Nierenversagen, der eine Dialyse erhält, beträgt nur acht bis neun Jahre. Somit haben manche Krebspatient*innen eine bessere Prognose als Dialysepatient*innen. Mit einer Transplantation kann die restliche Lebenszeit verdoppelt bis verdreifacht werden, bei deutlich besserer Lebensqualität im Vergleich zu jener bei einer Dialyse“, verdeutlicht Prim. Cejka.
Durchschnittlich dreieinhalb Jahre Wartezeit auf Spenderorgan
Nicht jede*r Dialysepatient*in ist aber fit genug für eine NTx. Im Rahmen von stationären Aufenthalten bietet das Ordensklinikum Linz Elisabethinen daher eine Durchuntersuchung zur Transplanteignung an. Diese sogenannten Checkups beinhalten circa 25 Untersuchungen, vom einfachen EKG über Gastro- und Koloskopien, in manchen Fällen bis hin zur Koronarangiographie, und sind nicht nur eine Arbeitserleichterung für Zuweiser*innen, sie bedeuten aufgrund des One-Stop-Shop-Prinzips außerdem einen deutlich geringeren Aufwand für die Patient*innen. Je schneller ein*e Patient*in auf die Warteliste gesetzt werden kann, desto eher kann sie oder er ein Organ erhalten.
Natürlich nur, falls auch ein Organ zur Verfügung steht. Prim. Priv.-Doz. Dr. Cejka möchte deswegen Verständnis wecken für die Organspende und die Bevölkerung für das Thema sensibilisieren.
„Trotz der Widerspruchslösung ist die Anzahl der Organspender*innen in Österreich leider zu niedrig, entsprechend lang ist die Warteliste“, so Prim. Priv.- Doz. Dr. Daniel Cejka. Er wünscht sich, dass von Ärzt*innen mehr potenzielle Organspender*innen an die Transplantkoordination gemeldet werden. „Es geht hier nicht nur um die Nieren, sondern auch um andere lebenswichtige Organe wie Herz, Lunge oder Leber. Unser Koordinationsteam steht mittels Rufbereitschaft an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden am Tag zur Verfügung und übernimmt den organisatorischen Aufwand der Spendermeldung“, so Prim. Cejka. Die Wartezeit auf eine post mortale Nierenspende beträgt in Österreich etwa 3,5 Jahre.
Transplantkoordinator*innen wickeln Operationen ab
Zuständig für die Abwicklung der Spenden, der Planung der Operationen und der Verständigung der Patient*innen ist das Team der Transplantkoordinator*innen.
Die Aufgaben der Mitarbeiter*innen teilen sich in zwei verschiedene Bereiche:
Zum einen erledigen die Koordinator*innen klassische Organisations- und Büroarbeiten wie die Wartung der Warteliste oder melden Daten an Eurotransplant oder die ÖBIG.
Zum anderen kümmert sich das Team um die Abwicklung der Organspenden – und zwar sowohl auf der Spender*innen als auch der Empfänger*innen-Seite. Als eines von vier Transplantzentren in Österreich (weitere in Wien, Graz und Innsbruck) wickelt das Ordensklinikum Linz alle Spenden in unserem Bundesland ab. „Es gibt Lebendspenden, wo die Operation planbar ist und die post mortalen Spenden, wo wir keine Planbarkeit haben“, erklärt Transplantkoordinatorin Tamara Holzinger-Hammer, BScN. Deshalb sind sie und ihre Kolleg*innen 24 Stunden, sieben Tage die Woche an 365 Tagen im Jahr auf Abruf bereit.
Wird dem Ordensklinikum ein Organ über Eurotransplant „zugeteilt“, kümmern sich die Mitarbeiter*innen um die gesamte Abwicklung. Von der Klärung mit den Nephrolog*innen, ob das Organ geeignet ist, der Kontaktaufnahme mit dem Spender*innen-Krankenhaus, der Koordination des Transports bis hin zur Organisation der Operation. Zwar haben die Koordinator*innen nicht immer direkten Kontakt zu den Emfänger*innen, da die Organe auch an andere Transplantzentren im Eurotransplant-Raum verteilt werden, Holzinger-Hammer erlebt ihre Tätigkeit aber trotz manchmal fehlenden direkten Feedbacks der Patientin*nnen als sehr sinnstiftend: „Jeder, der in diesem Bereich arbeitet, macht das, weil wir wissen, dass unsere Arbeit für manche Menschen den Weg in ein besseres Leben ebnet oder überhaupt das Überleben erst ermöglicht.“
Komplexe Operation mit modernsten chirurgischen Techniken
Steht ein passendes Spenderorgan zur Verfügung, kann die Transplantation erfolgen. Die Transplantation einer Niere ist eine komplexe Operation. Am Transplantationszentrum wenden wir die modernsten chirurgischen Techniken an, um für Patient*innen das bestmögliche Ergebnis zu erzielen“, sagt Prim. Prof. Dr. Matthias Biebl, Leiter der Abteilung Allgemein-, Viszeral-, Gefäß-, Thorax- und Transplantationschirurgie.
Dabei hat die Lebendspende gegenüber der postmortalen Spende einige Vorteile. „Das Organ steht üblicherweise schneller zur Verfügung. Sie eröffnet die schonende Option einer präemptiven Nierentransplantation, ohne chronische Dialyse im Vorfeld. Und zuletzt besteht bei der Lebendspende die Möglichkeit, gegen die Blutgruppe zu transplantieren, die sog. AB0-inkompatible Transplantation. In diesem Bereich sind wir und das AKH Wien führend.“ Seit 2006 bietet das Ordensklinikum Linz überdies die minimalinvasive laparoskopische Lebendspende an. „Als einer der Vorreiter in der Einführung der minimal-invasiven Nierenentnahme zur Lebendspende in Österreich wird diese Operation heute mit moderner - auch robotisch unterstützender Technik - als Standard in Linz und weltweit angewandt“, hebt Prim. Prof. Dr. Biebl hervor.
v.l.n.r. Dr. Michael Girschikofsky, Rudolf Brettbacher, DGKP Christa Pfleger, Prim. Priv.- Doz. Dr. Daniel Cejka, Tamara Holzinger-Hammer, BScN; Prim. Prof. Dr. Matthias Biebl
Umfassende Betreuung nach der Transplantation
Ein besonderer Schwerpunkt auf der Station ist die Betreuung von Patient*innen nach einer Nierentransplantation. Dies war auch der Anlass im Zuge eines Projektes 2017, Prozesse und Abläufe zu optimieren. Zwei-Bett-Zimmer statt Drei-Bett-Zimmer, spezielle Filter in den Sanitärräumen und eine umfassende Informationsbroschüre sind einige der Verbesserungen, die den Patient*innen mehr Sicherheit und Privatsphäre bieten sollen. Die Informationsbroschüre beinhaltet Wissenswertes für die Zeit des stationären Aufenthaltes, die Zeit zu Hause und Verhaltensmaßnahmen (z.B. Hygiene). Auch sind die am häufigsten verwendeten Medikamente inkl. Bilder angeführt und was am Kontrolltag in der Ambulanz zu beachten ist. Werden Patient*innen zur Nierentransplantation ins Krankenhaus „einbestellt“, beginnt der Aufnahmeprozess. In kürzester Zeit werden alle notwendigen Schritte wie Blutabnahme, Aufnahmegespräch und Erhebung der Vitalparameter durchgeführt. „Das Pflegepersonal steht den Patient*innen in dieser oft belastenden Zeit der Ungewissheit mit Gesprächen zur Seite um Ängste und Sorgen zu mindern“, so DGKP Christa Pfleger, Stationsleiterin auf der Nephrologie 1. Verläuft die Operation komplikationslos, wird der Patient/die Patientin in der Regel nach ein bis drei Tagen von der Intensivstation auf die Normalstation verlegt.
„Die postoperative Pflege umfasst neben der Kontrolle von Flüssigkeitseinfuhr und Urinausscheidung auch die Wundversorgung, Mobilisation und Unterstützung bei der Körperpflege. Besonders die Anleitung und Kontrolle der richtigen Medikamenteneinnahme ist eine wichtige Aufgabe des Pflegepersonals, denn um einer Abstoßung des Organs vorzubeugen ist die lebenslange Einnahme von Medikamenten, welche das Immunsystem schwächen, notwendig“, so DGKP Pfleger. Zusätzlich zu den täglichen Gesprächen mit dem Pflegepersonal wird den Patient*innen gleich in den ersten Tagen nach der Operation, eine psychologische Begleitung durch die klinische Psychologie zur Seite gestellt. Ist der Tag der Entlassung gekommen, erfolgt ein ausführliches Abschlussgespräch in der Nierenambulanz, wo anfangs sehr engmaschige Kontrollen erfolgen.
Die Transplantation aus Patientensicht
Wie positiv eine Nierentransplantation das Leben beeinflusst, kann Rudolf Brettbacher berichten. Der 64-Jährige ist der Obmann der Niere Oberösterreich und hat seit seinem 7. Lebensjahr mit Diabetes zu kämpfen. Ab 1990 zeigten sich erste Einschränkungen der Nierenfunktion. „Spätschäden wie Auswirkungen auf Augen, Nerven, Blutdruck, die Durchblutung und eben die Nieren konnten aufgrund meiner Vorgeschichte nicht vermieden werden“, so Brettbacher. „Das Licht am Ende des Tunnels für lebenswertes oder überhaupt das Leben wurde immer kleiner. In der Zeit vor der Transplantation ging es mir schon sehr, sehr schlecht.“
Im Jahr 2000 endlich die erlösende Nachricht: In Innsbruck konnte dem Linzer Niere und Pankreas transplantiert werden. Da er fünf Jahre vor seiner Operation schon einen Transplantpatienten kennengerlernt hatte, habe er auch keine Angst gehabt. „Die Transplantation als Ersatztherapie war ein Segen und das Beste für mich. Seither bin ich gesünder als vorher und konnte bis Ende März diesen Jahres Vollzeit in meinem Beruf arbeiten“, so Brettbacher weiter.
In seiner Funktion als Obmann der Niere Oberösterreich möchte Brettbacher gemeinsam mit dem gesamten Team Nierenerkrankten und ihren Angehörigen bei Fragen zu einem „guten“ Leben und zur Integration der Diagnose im und in den Alltag zur Seite stehen.
Zahlen und Fakten:
Die Nierentransplantation (NTx) ist ein spitzenmedizinisches und hochkomplexes Therapieverfahren. Sie ist für jene Patient*innen angezeigt, die dialysepflichtig sind bzw. deren Organ unter anderem aufgrund einer Glomerulonephritis, einer diabetischen Nephropathie oder wegen Zystennieren versagt.
1954: Erste erfolgreiche Nierentransplantation beim Menschen mit Langzeitüberleben; Joseph Murray, Boston
Seit 1961: Dialyse am Ordensklinikum Linz Elisabethinen
1962: Erste erfolgreiche Transplantation einer Niere eines frisch Verstorbenen
16.5.1974: Erste Transplantation am Ordensklinikum Linz Elisabethinen; Spenderniere funktionierte 18 Jahre
1980er-Jahre: Neue Ära der Transplantationsmedizin durch neu entdeckten Inhaltsstoff, mit dem die Abstoßung eines Organs wesentlich gezielter unterdrückt werden konnte.