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Ordensklinikum Linz

„Abnehmspritzen“: Ein neuer Hoffnungsträger in der Nierentherapie?

Datum: 10.03.2025

Bekannt und beliebt als „Abnehmspritze“ für adipöse Menschen und Diabetiker*innen ist das Medikament Semaglutid (Handelsname: Ozempic®) schon längst. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen nun, dass es für Patient*innen, die zusätzlich zu Diabetes an einer Nierenfunktionsstörung leiden, weitere erhebliche Vorteile bringt. Anlässlich des Weltnierentags am 13. März erklären Prim. Priv.-Doz. Dr. Daniel Cejka und OÄ Dr.in Petra Wolfinger vom Ordensklinikum Linz, worin der Doppelnutzen besteht.

 

Nephrologische Probleme und Diabetes stehen in einem engen Zusammenhang. „Ungefähr ein Viertel aller Menschen, die ein Nierenversagen erleiden, tut dies aufgrund von Diabetes“, sagt Prim. Cejka, Leiter der Nephrologie und Transplantationsmedizin am Ordensklinikum Linz Elisabethinen. Das Medikament Semaglutid, bekannt unter dem Handelsnamen Ozempic®, hat sich als unterstützende Therapie bei Typ-2-Diabetes als wirkungsvoll erwiesen. „Die Magenentleerung verzögert sich, der Appetit wird reduziert und man fühlt sich länger satt“, erklärt OÄ Dr.in Petra Wolfinger, Leiterin der Stoffwechselambulanz, warum die „Abnehmspritze“ bei der Gewichtsreduktion hilft. „Auch der mittlere Blutzuckerwert verbessert sich, weil die insulinproduzierenden Zellen geschützt werden. Dadurch produziert der Körper in der Leber weniger Glucose.“

 

Doppelnutzen bei Nierenfunktionsstörung

Eine groß angelegte Studie mit rund 3500 nierenkranken Diabetiker*innen hat nun ergeben, dass Semaglutid auch den Nierenfunktionsverlust bremsen kann. „Pro Jahr wird rund ein Prozent der Funktion erhalten. Das klingt zwar zuerst nicht viel, aber wenn das Medikament über Jahre eingenommen wird – wie das bei Diabetiker*innen der Fall ist – dann sind das bei 15 Jahren auch 15 Prozent Unterschied“, sagt Prim. Cejka. Bei Nierenversagen kann auf die Dialyse – umgangssprachlich „Blutwäsche“ genannt – zurückgegriffen werden. Eine Heilung ist damit jedoch nicht möglich. Den Ausweg bietet dann nur noch eine Organtransplantation. „Es macht also schon einen Unterschied, ob Patient*innen mit einem Nierenversagen dialysiert werden müssen, oder ob sie mit einer eingeschränkten Nierenfunktion ein weitgehend freies Leben führen können“, resümiert der Nephrologe.

 

Um die optimale medikamentöse Behandlung zu gewährleisten, kommen die Patient*innen alle vier Wochen zu OÄ Dr.in Petra Wolfinger in die Stoffwechselambulanz. Dort wird die Semaglutid-Dosis angepasst und die möglichen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall oder Sodbrennen kontrolliert. Die Kosten für das Arzneimittel werden derzeit nur für Diabetiker*innen (mit und ohne Nierenerkrankungen) oder mit einer chefärztlichen Verschreibung von der Krankenkasse erstattet. Ansonsten sind die 150 Euro, die das verschreibungspflichtige Medikament pro Monat kostet, selbst zu tragen. Dass das jedenfalls eine sinnvolle Investition ist in die eigene Gesundheit ist, sind sich die beiden Mediziner*innen einig. „Mit der Behandlung kann die Dialyse hinausgezögert und die Nierenfunktion länger erhalten bleiben, das ist den Menschen oft nicht so bewusst“, sagt OÄ Wolfinger.

 

Wie sicher ist Semaglutid?

Ob sich das Arzneimittel Semaglutid auch für normalgewichtige Nierenpatient*innen (ohne Diabetes) eignet, ist noch Gegenstand der Forschung. Laut Schätzungen hat etwa jede*r neunte US-Amerikaner*in bereits ein Semaglutid-artiges Medikament erhalten, das sind mehr als 30 Millionen Menschen. „Das heißt, man hat schon sehr viel Erfahrung damit und es gab bisher keine relevanten Sicherheitsbedenken. Jetzt ist nur die Frage, ob das auch über Jahre und Jahrzehnte so bleibt“, sagt Nephrologe Cejka. „Aus medizinischer Sicht ist es sehr sicher, aber das Medikament hat auch gewisse Nachteile. Man verliert nicht nur Fett, sondern auch Muskeln und Knochen.“ Daher sollte während der Therapie jedenfalls auf ausreichend begleitenden

 Sport geachtet werden. „Für Schwangere und Stillende ist das Medikament nicht geeignet. Bei einer akuten Pankreatitis, der Entzündung der Bauchspeicheldrüse, darf es ebenfalls nicht verabreicht werden“, erklärt OÄ Wolfinger. Da es außerdem in den USA als „Lifestyle-Medikament“ auf dem Markt ist und die Nachfrage dementsprechend hoch ist, kommt es immer wieder zu Lieferschwierigkeiten. An Alternativen zum etablierten Semaglutid wird daher intensiv geforscht.

 

Neues Medikament für seltene Nierenentzündungen

Auch in der medikamentösen Behandlung von selteneren Nierenerkrankungen gibt es neue Entwicklungen. Ein Beispiel ist der Wirkstoff Sparsentan (Handelsname Filspari®) für Glomerulonephritis, einer Entzündung der Nierenkörperchen. „Diese Krankheit ist selten und tritt meist bei jungen Erwachsenen auf. Durch eine Fehlleitung des Immunsystems werden Antikörper gebildet, die verklumpen und sich in der Niere ablagern. Dadurch verstopfen und entzünden sich die Nierenkörperchen“, erklärt Prim. Cejka. Wenn die Erkrankung in einem frühen Stadium erkannt wird, kann der Verlauf, der unbehandelt innerhalb weniger Jahre zum Nierenversagen führen kann, gemildert werden. Die Verschreibung von Sparsentan erfordert jedoch eine chefärztliche Bewilligung, da die jährlichen Kosten für das Medikament knapp 70.000 Euro betragen. Um die erfolgreiche Behandlung von seltenen Nierenerkrankungen weiter zu verbessern, nimmt die Nephrologie des Ordensklinikum Linz derzeit an einer klinischen Studie teil, bei der weitere entzündungshemmende Medikamente getestet werden.  

 

Prim. Priv.-Doz. Dr. Daniel Cejka, Leiter der Nephrologie und Transplantationsmedi-zin am Ordensklinikum Linz Elisabethinen

Foto © Ordensklinikum Linz: Prim. Priv.-Doz. Dr. Daniel Cejka, Leiter der Nephrologie und Transplantationsmedizin am Ordensklinikum Linz Elisabethinen