Eine Polyneuropathie schränkt die Lebensqualität enorm ein. Patienten klagen über Schmerzen, Kälteempfindlichkeit, Taubheit oder ein Prickeln und Brennen in den Gliedmaßen. Allerdings steht bislang keine medikamentöse Prophylaxe- oder Therapiemöglichkeit zur Verfügung. Mit einem regelmäßigen Sensomotoriktraining kann diese belastende Erkrankung jedoch nachweislich verbessert werden.
Es gibt mehrere Gründe, warum Patienten an einer Polyneuropathie erkranken. Häufig ist sie die Nebenwirkung gewisser Chemotherapeutika, wie Taxane, Platine oder Thalidomid, die etwa bei Brustkrebs, Colonkarzinom und Multiplem Myelom zum Einsatz kommen. Auch andere Medikamente können das Nervenleiden auslösen. Häufig betroffen sind zudem Diabetiker und Alkoholkranke. In manchen Fällen tritt die Erkrankung allerdings idiopathisch auf.
Koordination und Gleichgewicht
Obwohl eine Polyneuropathie grundsätzlich am ganzen Körper Probleme bereiten kann, betrifft sie zumeist die längeren Nerven und damit besonders die Gliedmaßen. In diesem Fall ist es möglich, dem Patienten mit einem Sensomotoriktraining eine Linderung zu verschaffen. „In Studien hat sich gezeigt, dass dieses spezielle Koordinations- und Gleichgewichtstraining sehr effektiv ist“, sagt Prim.a Dr.in Daniela Gattringer MSc. Am Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern kombinieren sie und ihr Team das Sensomotoriktraining häufig mit einer Hochtontherapie (siehe Infobox) oder einem Vibrationstraining, um die Wirkung zu verstärken.
Fünfmal pro Woche
Das sensomotorische Training am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern wurde als Stufenprogramm konzipiert und setzt sich aus individuellen Übungen zusammen. Es soll das Nervensystem weder unter- noch überfordern. Dieser optimale Belastungspunkt ist bei jedem Patienten anders gelagert: Beim einen wird er durch beidbeiniges Stehen mit geschlossenen Augen erreicht, beim anderen im Einbeinstand. „Die Position sollte für circa 20 Sekunden gehalten werden können“, betont Gattringer. Fünfmal wöchentlich ist eine kurze Trainingseinheit zu absolvieren. Wichtig ist, dass dies im ausgeruhten Zustand geschieht.
Prophylaxe
Bereits während des stationären Aufenthalts – etwa im Zuge einer Chemotherapie mit potenziell Polyneuropathie-auslösenden Präparaten – kann das Sensomotoriktraining vorbeugend durchgeführt werden. Bei Krebspatienten wird es im Vinzenz Ambulatorium am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern, das auch niedergelassene Ärzte verordnen können, fortgesetzt. „Ziel ist es, mit dem Patienten ein Basisprogramm zu erarbeiten, damit er es zuhause weiterführen kann“, so Gattringer. Empfehlenswert ist die Umsetzung gemeinsam mit einem Physiotherapeuten, der über die Zertifizierung der Krebsakademie des Ordensklinikums Linz Barmherzige Schwestern verfügt.
Zuweisermagazin AM PULS - Ausgabe 04 - Jg. 2019
Prim.a Dr.in Daniela Gattringer MSc
Vorstand Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation,
Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern
Studie
„Bewegungsempfehlung bei Chemotherapieinduzierter peripherer Polyneuropathie“, Streckmann, Fiona & Rittweger, Jörn & Bloch, W & Baumann, Freerk. (2014). B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport. 30. 179-182. 10.1055/s-0034-1384422.
Kontakt
Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitationam Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern
Zusätzliche Fachinformationen
In der Ausgabe 11/2019 des Magazins Hausarzt wird sich ein DFP-approbierter Artikel dem Thema "Onkologische Rehabilitation" widmen.
Übungsprogramm bei Polyneuropathie
Das Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation hat ein Übungsprogramm bei Polyneuropathie zum kostenlosen Download (PDF) zusammengestellt.