Neue Medikamente revolutionieren derzeit die Therapie von Nierenerkrankungen. Entscheidend dabei ist die Früherkennung. Warum die Nephrologie ein spannendes Fachgebiet ist, erläutert OÄ Priv.-Doz.in Dr.in Maria Haller, MBA, M.Sc., Interne 3 – Nierenund Hochdruckerkrankungen, Transplantationsmedizin, Rheumatologie, Ordensklinikum Linz Elisabethinen. Die Leidenschaft für die Nephrologie entwickelte OÄ Haller bereits während ihrer Ausbildung. Heute will die Nierenexpertin bei künftigen Mediziner*innen und Pflegekräften Neugier für die komplexe Leistung der Nieren wecken.
Wie viele Nierenkranke gibt es in Österreich?
OÄ Dr. Maria Haller: In Österreich gibt es dazu keine belastbaren Zahlen. Zahlen aus Deutschland lassen darauf schließen, dass ca. zehn Prozent der Bevölkerung von Nierenerkrankungen in Frühstadien betroffen sind. Eine Nierenersatztherapie in Form von Dialyse und Nierentransplantation erhalten in Österreich rund 10.000 Personen, wobei diese bereits seit vielen Jahren nierenkrank sind. Zur Prävention ist es daher wichtig, vor allem bei Risikopatient*innen wie Diabetiker*innen, Hypertoniker*innen oder Menschen mit chronisch nierenkranken Familienangehörigen regelmäßig einen Harnbefund zu erheben. Aber auch bei jungen Menschen, wenn sie berichten, dass sich ihr Harn verändert hat und beispielsweise schäumt. Ein erhöhter Wert bei der Eiweißausscheidung im Harn ist alarmierend und sollte abgeklärt werden.
Wie sind Sie zur Nephrologie gekommen?
Haller: Die Nieren haben mich immer schon fasziniert, es sind sehr intelligente und komplexe Organe, die im Körper sehr viel regulieren, wie z. B. Blutdruck, Knochenstoffwechsel, Entgiftung und Blutbildung bis hin zum Wasser und Elektrolyt- sowie Säure- Basen-Haushalt. Das ist die Grundlage für unser Leben und viele Körperfunktionen. Diese Komplexität habe ich faszinierend gefunden. Wenn man sich mit der Niere auseinandersetzt, beschäftigt man sich in Wahrheit ganzheitlich mit dem Körper, weil die Niere in viele andere Organsysteme eingreift.
Was reizt Sie noch an diesem Fach?
Haller: : Ich finde es sehr spannend, dass wir chronisch kranke Patient*innen über einen sehr langen Zeitraum, mitunter Jahrzehnte – ähnlich wie Hausärzt*innen – begleiten. Das ist bei anderen Fachrichtungen im Spitalsbereich nicht üblich.
Welche neuen Entwicklungen gibt es in der Nephrologie?
Haller: In den letzten Jahren kam es zu einer Revolution in der Therapie von Nierenerkrankungen. Seit ca. zwei Jahren sind SGLT- 2-Hemmer in Verwendung, die das Fortschreiten des Verlusts der Nierenfunktion verzögern. Diese Medikamente sollten möglichst früh gegeben werden, auch schon dann, wenn die Patient*innen „nur“ Eiweiß ausscheiden. Ein weiteres Medikament, das das Fortschreiten von Nierenerkrankungen verlangsamt, wurde nun speziell für Diabetiker*innen mit chronischer Niereninsuffizienz zugelassen. Es handelt sich dabei um einen Mineralokortikoid-Rezeptor- Antagonisten, der chefarztpflichtig ist und derzeit nur in Spezialabteilungen verschrieben werden kann.
Sie sind in der Ausbildung tätig. Was ist Ihnen dabei wichtig?
Haller: Ich betreue bei den Elisabethinen als Koordinatorin das Ausbildungsprogramm für Studierende und bin an der Nephrologie auch Ausbildungsverantwortliche. Außerdem unterrichte ich angehende Mediziner*innen und Pflegekräfte. Die Niere ist in der öffentlichen Wahrnehmung oft unterrepräsentiert. Nierenerkrankungen tun nicht weh und finden wenig Beachtung. Wenn die Nierenfunktion allerdings ausfällt, hat das sehr einschneidende Folgen für die betroffenen Menschen. Mein Ziel ist es, Neugier und Verständnis für die komplexe Leistung der Nieren zu wecken. Außerdem arbeite ich bei der Erstellung europäischer und internationaler evidenzbasierter Behandlungsleitlinien mit, um wissenschaftliche Erkenntnisse für den klinischen Alltag zusammenzufassen.
Wo und wie entspannen Sie sich nach einem anstrengenden Arbeitstag?
Haller: In meiner Freizeit unternehme ich oft Radausflüge mit meiner Familie. Mit den Kindern habe ich die Liebe zum Backen entdeckt. Beim Lesen und Sammeln von Rezepten kann ich mich herrlich entspannen und zu besonderen Anlässen überrasche ich meine drei kleinen Töchter mit Motivtorten.
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