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Ordensklinikum Linz

Radioonkologie: Stereotaktische Strahlentherapie

Datum: 01.03.2023

Stereotaktische Verfahren ermöglichen eine hochpräzise Lokalisierung von Tumoren in einem computerassistierten Zielführungssystem und eine millimetergenaue Bestrahlung mit hohen Einzeldosen (≥4 Gy/Fraktion) unter Schonung des umliegenden gesunden Gewebes. Bspw. bei Hirnmetastasen sowie Lungen- und Lebertumoren wird die stereotaktische Strahlentherapie seit geraumer Zeit erfolgreich angewandt. Früher war man beim Prostatakarzinom diesbezüglich zurückhaltend, das hat sich mittlerweile für ausgewählte Patienten geändert. In manchen rezenten Leitlinien wurde die stereotaktische Strahlentherapie mit hohen Einzeldosen (oft als ultrahypofraktionierte Strahlentherapie bezeichnet) abgebildet, und in einigen Ländern ist sie bereits Standard.


Ultrahypofraktionierte stereotaktische Strahlentherapie

In Österreich leistet das Ordensklinikum Linz hier Pionierarbeit: „An unserer Abteilung führen wir seit einigen Monaten eine ultrahypofraktionierte stereotaktische Strahlentherapie bei Patienten mit lokalisierten Prostatakarzinomen ohne Kapselüberschreitung durch. Infrage kommen Patienten in der niedrigen sowie in der mittleren Risikogruppe mit favorable intermediate risk*“, erklärt Prim. Univ.- Prof. Dr. Hans Geinitz, Leiter der Abteilung für Radioonkologie und Strahlentherapie, Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern. Primär ist die Therapie für Patienten über dem 70. Lebensjahr vorgesehen. Bislang wurden am Ordensklinikum Linz fünf Patienten erfolgreich behandelt, weitere sind bereits eingeplant. Die Vorteile der Stereotaxie Die genannte hohe Präzision sowie eine kurze Behandlungsdauer sind die großen Vorteile der ultrahypofraktionierten stereotaktischen Strahlentherapie. „Früher waren bei der Bestrahlung der Prostata 37–39 Sitzungen erforderlich. Mit Etablierung der moderaten Hypofraktionierung vor rund sieben Jahren konnte die Behandlungsdauer auf vier Wochen mit 20 Sitzungen verkürzt werden. Heute bieten wir eine stereotaktische Bestrahlung der Prostata in nur fünf Sitzungen an“, schildert OA Dr. Lukas Kocik, Abteilung für Radioonkologie und Strahlentherapie, Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern. Da die Anzahl an Sitzungen deutlich geringer ist, ist folglich der Spielraum für Fehler deutlich kleiner. „Wir Ärzt*innen müssen sehr genau arbeiten. Am Ordensklinikum Linz werden deshalb zwei Hochpräzisionsgeräte eingesetzt. Für die Patienten entsteht jedoch kein zusätzlicher Aufwand. Alle Maßnahmen sind ident mit einer konventionellen Bestrahlung der Prostata, bspw. hinsichtlich Planungs-MRT und -CT sowie der Implantation von Markern. Die Therapie findet an jedem zweiten Arbeitstag statt, also dreimal statt fünfmal die Woche wie das bei der moderaten Hypofraktionierung bisher der Fall ist", führt OA Kocik aus. Somit bietet sich die Behandlung insbesondere für jene Patienten an, die einen weiten Anfahrtsweg haben.

 

 


Das Verfahren im Detail

Die Indikation einer stereotaktischen Strahlentherapie wird im Tumorboard diskutiert. Vier Wochen vor der Bestrahlung werden von Urolog*innen kleine Marker in Form von millimetergroßen goldbeschichteten Metallstiften mittels eines kleinen Eingriffes über den Enddarm in den Außenbereichen der Prostata implantiert. Dies passiert – analog zu einer Prostatabiopsie – unter transrektalem Ultraschall. „Während der Bestrahlung wird die Lage der Marker in Echtzeit erfasst und kontrolliert. Damit wird sichergestellt, dass die hohe Zieldosis ausschließlich in der Prostata ankommt“, erklärt OA Kocik.

 

Prim. Univ.-Prof. Dr. Hans Geinitz
Prim. Univ.-Prof. Dr. Hans Geinitz sagt: "Hohe Präzision und kurze Behandlungsdauer sind die großen Vorteile der ultrahypofraktionierten stereotaktischen Strahlentherapie."


Bewegt sich die Prostata aus dem definierten Bestrahlungsfeld heraus, wird die Bestrahlung pausiert und der Patient nachjustiert. „Einzelne Sitzungen können daher mehr Zeit in Anspruch nehmen, dafür sind eben nur fünf statt 20 Sitzungen notwendig“, so OA Kocik. Mit einer Bestrahlung der Prostata können zudem potenzielle Risiken und urogenitale Nebenwirkungen eines operativen Eingriffs, wie Inkontinenz- und Potenzprobleme, vermieden bzw. verringert werden.

 

Dem Standardverfahren ebenbürtig

Auch hinsichtlich der verabreichten Strahlendosen gibt es Unterschiede. Die Einzeldosis der ultrahypofraktionierten stereotaktischen Strahlentherapie ist mit ≥ 4 Gy deutlich höher als eine konventionelle Einzeldosis mit 1,8–2 Gy und als eine moderat hypofraktionierte Strahlentherapie mit >2 bis 4 Gy. „Ist die Einzeldosis höher, ist eine geringere Gesamtdosis nötig, um den gleichen Effekt zu erzielen. Die hohe Einzeldosis ist biologisch überproportional wirksam. 5 x 8 Gy ist beim Prostatakarzinom ebenso effektiv wie 20 x 3 Gy“, erläutert Prim. Geinitz. OA Kocik ergänzt: „Erste Fünfjahresdaten von Studien zeigen, dass die Wirksamkeit der Methode beim Prostatakarzinom dem Standardverfahren ebenbürtig ist. Auch das Nebenwirkungsprofil ist vergleichbar.“ Patienten werden in regelmäßigen Abständen einbestellt, um die Verträglichkeit zu evaluieren.

Wichtige Informationen für Zuweiser*innen

Die Zuweisung von Patienten erfolgt elektronisch direkt an die Abteilung für Radioonkologie. Das Prostatakarzinom muss histologisch gesichert sein, der entsprechende Befund sowie ein Arztbrief mit inkludiertem PSA-Wert sind erforderlich. Die Möglichkeit, Goldmarker anzulegen, ist eine Grundvoraussetzung für die stereotaktische Bestrahlung. Das kann sowohl von niedergelassenen Urolog*innen, von den zuweisenden urologischen Abteilungen als auch im Ordensklinikum Linz erfolgen. Derzeit werden keine Patienten behandelt, die eine Hormontherapie erhalten – jene mit niedrigem Risiko sowie jene mit favorable intermediate risk sollten ohnehin keine solche Therapie erhalten. Neben dem Prostatakarzinom wird die stereotaktische Strahlentherapie am Ordensklinikum Linz auch bei Hirn-, Lungen-, Leber-, Nebennieren- und Knochentumoren bzw. -metastasen angewandt.

* Patienten mit favorable intermediate risk: Maximal Gleason-Score 3 + 4, d. h. ISUP-Grade Group 1 oder 2, plus maximal ein weiterer intermediate-Risk-Risikofaktor: PSA 10–20 ng/ml oder ein cT2b- bis cT2c-Stadium, plus maximal 50 Prozent der systematischen Stanzen positiv.

Kontakt zur Abteilung
Abteilung für Radioonkologie und Strahlentherapie Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern
Tel.: 0732 7677 - 7320
E-Mail: radio.onkologie@ordensklinikum.at
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