Österreichweit werden jedes Jahr rund 35.000 Leisten- und Ventralhernien operativ versorgt. Die ständig steigende Anzahl mit immer komplexeren Fällen erfordert differenzierte Behandlungsstrategien im Sinne eines maßgeschneiderten Versorgungskonzeptes. Heutzutage ist nur ein*e Hernienspezialist*in in der Lage, aus der Vielzahl von Behandlungsmethoden die individuell richtige für jede*n Patient*in auszusuchen und korrekt durchzuführen. Dieser Entwicklung wird an unserer chirurgischen Abteilung in vielerlei Hinsicht Rechnung getragen. So befasst sich ein eigenes Team schwerpunktmäßig mit der Hernienchirurgie und wir bieten jeden Dienstag von 12.00 bis 15.00 Uhr eine Spezialambulanz für Leisten- und Bauchwandbruchpatient*innen an. Diese Aktivitäten werden durch aktive Kongressteilnahmen, Studien, Fortbildungen, Workshops und Hospitationen ergänzt. Ein wesentliches Merkmal der Leistungsfähigkeit einer Abteilung ist die Sicherung der Ergebnisqualität. Wir nehmen an der internetbasierten Qualitätssicherungsstudie „Herniamed“ (www.herniamed.de) teil, in der alle Hernienpatient*innen lückenlos und prospektiv nach wissenschaftlichem Standard erfasst werden. Die Ergebnisse werden zehn Jahre im Follow-up nachverfolgt. Als einzige Institution in Oberösterreich haben wir uns nach dem Qualitätssiegel für Hernienchirurgie den Status eines zertifizierten Kompetenzzentrums erarbeiten können (zertifiziert über die deutsche Gesellschaft für Allgemein und Viszeralchirurgie (DGAV) und die chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Hernienchirurgie (CAH) in Zusammenschluß mit der deutschen Herniengesellschaft (DHG).
Bei uns im Haus werden alle jährlichen 500 bis 600 offenen und laparoskopischen hernienchirurgischen Eingriffe leitliniengemäß und mit hoher Expertise angeboten. Die hohen Fallzahlen gewährleisten eine entsprechend hohe Erfahrung der Operateur*innen. Die Operationsplanung erfolgt individualisiert und die Operationsabläufe standardisiert. Schon alleine durch die Wahl des geeigneten Zugangsweges sowie durch eine sorgfältige und gewebeschonende Laparotomie mit standardisierter Verschlusstechnik lassen sich z. B. die hohen Narbenhernieninzidenzen effektiv senken. Neben sämtlichen Standardtechniken gehören auch innovative Methoden und Implanate zu unserem Repertoire.
Als Beispiele seien hier angeführt: Die Verwendung selbsthaftender und speziell antiadhäsiv beschichteter, zum Teil dreidimensionaler, Netzimplantate und atraumatische Fibrinkleberfixation zur Vermeidung chronischer Schmerzen. Weiters die Limitierung des Zugangstraumas durch ultradünne 3-mm-Laparoskopieinstrumente, oder durch die Verwendung nur eines einzigen Trokars (single- port surgery) , um praktisch keine Narben zu hinterlassen. Weiters seien die Verwendung biologischer Implantate bei Infektsituationen als wertvolle Erweiterung hernienchirurgischer Möglichkeiten erwähnt. Besonders hervorzueben sind spezielle, technisch anspruchsvolle und zum Teil noch kaum verbreitete Methoden, wie die minimal invasive Komponentenseparation mittels modernster ballondilatierender Trokarsyteme, die sogenannte modifiziert posteriore Komponentenseparation mit Durchtrennug des Muskulus Transversus abdominis, oder die Durchführung peritonelae Verschiebelappenplastiken. Diese eben erwähnten Techniken erfahren ihre Berechtigung bei bei sehr großen Bauchwandbrüchen, um die Rektusmuskelkomplexe zu medialisieren und so Defektverschlüsse erreichen zu können.
Hernienspezialist*innen unseres Hauses entwickelten innovative laparoskopische Techniken zur Versorgung parastomaler Hernien mittels neuartigen dreidimensionalen tunnelförmigen Netzimplantaten. Weiters bieten wir die Parastomalhernienprophylaxe durch intraperitoneale zylindrische Implantateinbringung bereits bei Stomaanlage, meist im Rahmen der Rektumchirurgie an. Das KH der Barmherzigen Schwestern Linz bietet neben einer modernen, qualitätsgesicherten Behandlung von Bauchwandbrüchen auch eine physiotherapeutische Begleitung und bedarfsorientierte Therapie durch ärztliche „Schmerzspezialist*innen“ an. Fragen und Probleme, die sich im Spannungsfeld einer modernen Hernienchirurgie auftun, können nur durch intensive praktische, aber auch wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem immer komplexer werdenden Thema beantwortet werden.