Atemnot löst Depressionen und Ängste aus
Pressegespräch
Anlässlich des Welt-COPD-Tages am 15.11.2017
Experten fordern eindringlich psychotherapeutische Behandlung als festen Bestandteil der COPD-Therapie.
Atemnot löst Depression und Ängste aus
Patienten, die an der Lungenerkrankung COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease) leiden, haben nicht nur mit der unwiederbringlichen Zerstörung des Lungengewebes zu kämpfen, sondern sind auch in vielen Fällen durch die Atemnot von Ängsten und Depressionen geplagt. Werden diese Symptome nicht rechtzeitig behandelt, gerät der Patient in eine Abwärtsspirale, an deren Folgen er vorzeitig sterben kann.
COPD
Experten schätzen, dass in Österreich zirka 11% der Bevölkerung an dieser bisher unheilbaren Erkrankung leiden. Auslöser sind chronische Entzündungen, die systematisch das Lungengewebe zerstören und damit die Atemfunktion verschlechtern. Durch die Entzündung der Schleimhaut der Atemwege wird diese verdickt und produziert in der Folge zusätzlichen Schleim, die zarten Lungenbläschen werden durch Auflösung von elastischen Fasern zerstört. Die Folge ist Atemlosigkeit, die es dem Betroffenen kaum mehr ermöglicht, die Kraft für einfachste Alltagstätigkeiten aufzubringen.
„Patienten leiden daher oft nicht nur an der Erkrankung selbst, sondern darüber hinaus an Ängsten und Depressionen. Häufig spielen im Hinblick auf das Wohlbefinden des Erkrankten Ängste eine wesentlich größere Rolle als der Schweregrad der COPD", weist Prim. Dr. Josef Bolitschek, Chef der Pneumologie des Ordensklinikums Linz Elisabethinen, auf ein zu wenig beachtetes Phänomen hin.
Wie die Depression bei COPD entsteht
COPD bedeutet eine erhebliche Einschränkung des Alltagslebens. Schon kleinste Anstrengungen führen zu akuter Atemnot. Der Betroffene lebt in ständiger Angst vor Erstickungsanfällen. Um diese zu vermeiden, werden alle sportlichen und körperlichen Aktivitäten schrittweise eingestellt.
Letztendlich wird jede Anstrengung tunlichst vermieden, der Betroffene zieht sich sozial zurück. Diese Abwärtsspirale endet nicht selten in einer ernstzunehmenden Depression.
Das trifft vor allem dann zu, wenn der Patient nicht optimal medikamentös eingestellt ist. Aber auch gut eingestellte Patienten können davon betroffen sein, weil im Umfeld der COPD zahlreiche Ängste entstehen können:
- Angst vor Atemnot
- Angst vor sozialer Ausgrenzung
- Angst vor der Verschlechterung der Erkrankung
- Angst um die Familie und die Partnerschaft
- Angst vor körperlichen Aktivitäten Angst vor dem Sterben
Die Depression zeigt sich vor allem darin, dass der Patient sich nicht mehr an Dingen erfreuen kann, die er früher gern gemacht hat, und dass er an Lust- und Antriebslosigkeit sowie an einer verstärkten Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit leidet. Der Schlaf ist oft gestört, und Selbstwertgefühle können ebenfalls beeinträchtigt sein.
Mag. Sabrina Brandl, Klinische Psychologin des Ordensklinikums Linz Barmherzige Schwestern:
„Die Diagnose einer chronischen Erkrankung wie COPD kann psychisch sehr belastend sein. Nicht nur der Patient selbst, auch sein soziales Umfeld, seine Angehörigen können darunter leiden. Ziel der klinisch-psychologischen Behandlung ist es, den Patienten und seine Angehörigen in der Krankheitsverarbeitung zu unterstützen, neue Perspektiven zu entwickeln und eine bestmögliche Lebensqualität trotz der Erkrankung zu erhalten."
„Psychische Begleiterkrankungen wie Ängste oder Depressionen gehören therapeutisch behandelt. Ergänzend zur medikamentösen Therapie, die von einem Facharzt eingeleitet wird, bietet die klinisch-psychologische oder psychotherapeutische Behandlung langfristig Chancen, im Alltag wieder Fuß zu fassen.", ergänzt Brandl.
Sowohl Bolitschek als auch Brandl sind sich darin einig, dass es nur den Wenigsten gelingt, sich selbstständig aus dieser Situation zu befreien. Depression ist kein kurzzeitiges Ereignis, das man mit etwas Anstrengung überwinden kann, sondern ein ernstzunehmendes Problem.
Um ein Fortschreiten der COPD zu verhindern, ist die Bekämpfung der Depression von großer Bedeutung. Beide Experten empfehlen daher die psychotherapeutische Behandlung als festen Bestandteil der COPD-Therapie.
Formen der Depression bei COPD
Anpassungsstörung
Hierbei handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung als Reaktion auf ein außergewöhnlich belastendes Lebensereignis (wie bei einem Trauerfall, der Diagnose einer schweren Erkrankung oder Trennungserlebnissen).
Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können.
Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein.
Depression
Hier leidet der betroffene Patient unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast immer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung, Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu bezeichnen.
Angsterkrankungen
Generalisierte Angststörung:
Die Angst ist generalisiert und anhaltend. Sie ist nicht auf bestimmte Umgebungsbedingungen beschränkt oder auch nur besonders betont in solchen Situationen, sie ist vielmehr "frei flottierend". Die wesentlichen Symptome sind variabel, Beschwerden wie ständige Nervosität, Zittern, Muskelspannung, Schwitzen, Benommenheit, Herzklopfen, Schwindelgefühle oder Oberbauchbeschwerden gehören zu diesem Bild. Häufig wird die Befürchtung geäußert, der Patient selbst oder ein Angehöriger könnten demnächst erkranken oder einen Unfall haben.
Panikstörung:
Das wesentliche Kennzeichen sind wiederkehrende schwere Angstattacken (Panik), die sich nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstände beschränken und deshalb auch nicht vorhersehbar sind. Wie bei anderen Angsterkrankungen zählen zu den wesentlichen Symptomen plötzlich auftretendes Herzklopfen, Brustschmerz, Erstickungsgefühle und Schwindel. Oft entsteht sekundär auch die Furcht zu sterben, vor Kontrollverlust oder die Angst, wahnsinnig zu werden.
Ihre Ansprechspartner sind:
Prim. Dr. Josef Bolitschek, Pneumologie des Ordensklinikums Linz Elisabethinen
Mag. Sabrina Brandl, Klinische Psychologin des Ordensklinikums Linz Barmherzige Schwestern
Kontakt und Information:
Ordensklinikum Linz Elisabethinen
Fadingerstraße 1
4020 Linz
Ing. Mag. Günther Kolb
+43 732 7676 - 2235
guenther.kolb@ordensklinikum.at