Besser zuhause: Mobile geriatrische Remobilisation
Nach Krankenhausaufenthalten brauchen vor allem ältere Menschen Unterstützung, um wieder im Alltag Fuß zu fassen. Mit dem Pilotprojekt zur mobilen geriatrischen Remobilisation geht das Ordensklinikum Linz Elisabethinen gemeinsam mit OÖGKK, Land OÖ und Ärztekammer für OÖ neue Wege: Über mehrere Wochen erhalten die Patienten in ihren eigenen vier Wänden eine intensive Therapie, um wieder größtmögliche Selbständigkeit zu erlangen.
Ein Krankenhausaufenthalt hat für ältere Menschen teils gravierende Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden. Das akute Problem, z.B. eine Lungenentzündung, ist zwar überwunden. Aber das lange Liegen hat die Muskulatur geschwächt und zu Problemen mit dem Gleichgewicht und der Koordination geführt. Die Sturzgefahr ist erhöht, die Fähigkeit alltägliche Dinge zu verrichten eingeschränkt. Häufig ist auch die Psyche beeinträchtigt. Dazu kommen weitere Veränderungen: neue Medikamente, Anpassungsbedarf bei der Ernährung, spezielle medizinisches Hilfsmittel.
„Die Folge einer stationären Behandlung ist dann oft eine weitere stationäre oder zumindest tagesklinische Betreuung, um die Patienten mittels geriatrischer Remobilisation wieder auf den Alltag vorzubereiten. Dazu ermöglichen wir mit dem zusätzlichen Angebot, Besser zuhause‘ eine Alternative: Mit dem innovativen regionalen Pilotmodell zur mobilen geriatrischen Remobilisation erhalten jene Patienten, die das können und wollen, daheim ein maßgeschneidertes Therapieprogramm und bedarfsgerechte soziale Unterstützung. In vertrauter Umgebung können sie wieder im Alltag Fuß fassen. Die intensive Betreuung durch das therapeutische Team des Ordensklinikum Linz Elisabethinen gibt ihnen Sicherheit, die Einbindung des Hausarztes sichert eine kontinuierliche Versorgung“, so OÖGKK-Obmann Albert Maringer. Die OÖGKK finanziert die in dieser Phase erforderlichen Heilbehelfe und Hilfsmittel, wie Gehilfen, ein Krankenbett etc.
Das Land Oberösterreich steht als Partner voll hinter diesem Projekt: „Mit Besser zuhause gestaltet sich die Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung fließend: Das therapeutische Team der Akutgeriatrie des Ordensklinikum Linz Elisabethinen betreut die Patienten weiter, gleichzeitig ist Hausarzt der zentrale Versorgungspartner. Gemeinsam ziehen alle an einem Strang, um den Patienten wieder buchstäblich auf die Beine zu helfen. Neben der Remobilisation ist uns dabei auch ein Anliegen, dass die Patienten auf Veränderungen – etwa bei der Medikation – gut eingestellt sind. Damit fördern wir auch die Gesundheitskompetenz der Betroffenen“, so Landesrätin Christine Haberlander.
Bestmöglich betreut – auch zuhause
Alle Behandlungen und Therapien im Rahmen von „Besser zuhause“ finden bei den Patienten zuhause statt. Nur Patienten, deren Gesundheitszustand und deren häusliches Umfeld eine Weiterbetreuung sinnvoll ermöglicht, können an dem Programm teilnehmen. Dazu erhalten die Patienten bei ihrer stationären Entlassung einen genauen, individuell maßgeschneiderten Therapieplan. Zu den vorab vereinbarten Terminen kommen die Therapeutinnen zu den Patienten nach Hause, führen die Behandlungen durch und beobachten die Fortschritte der Patienten. Im Durchschnitt erhalten die Patienten im Rahmen von „Besser zuhause“ fünf Therapieeinheiten pro Woche über einen Zeitraum von vier bis fünf Wochen.
„Die bestmögliche Betreuung und Begleitung der Menschen, die zu uns ins Krankenhaus kommen, ist schon immer eines unserer ganz zentralen Anliegen“, sagt Mag. Raimund Kaplinger, Geschäftsführer des Ordensklinikums Linz. „Und wir sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten, wie wir diese Betreuung weiter verbessern können. Deshalb freut es mich sehr, dass wir betagten Patienten durch das Programm „Besser zuhause“ jetzt auch über das Krankenhaus hinaus mit der Expertise unserer Mitarbeiter helfen und ihr Leben damit wieder ein Stück unbeschwerter machen können. Gleichzeitig konnten wir dadurch für unsere Mitarbeiter, die jetzt in der mobilen geriatrischen Remobilisation tätig sind, viel Abwechslung in ihren Arbeitsalltag bringen.“
Patientensicherheit und Gesundheitskompetenz
Möglichst viele Gesundheitsleistungen zu den Menschen nach Hause zu bringen, entspricht auch dem internationalen Trend, weil sich daraus viele Vorteile für die Patienten aber auch für die Gesellschaft ergeben. Der Verbleib in der gewohnten Umgebung erhöht die Patientensicherheit und vermindert Stürze. Durch die nicht notwendige „Entwurzelung“ treten weniger Verwirrtheitszustände auf.
„Besser zuhause ist speziell für hochbetagte ältere Menschen entworfen, bei denen zu erwarten ist, dass sie nach der Behandlung einer akuten Erkrankung im Krankenhaus wieder zurück nach Hause kommen und dort auf Schwierigkeiten stoßen“, erklärt OA Dr. Hendrik Koller, Leiter der Akutgeriatrie am Ordensklinikum Linz Elisabethinen. „Das liegt meist daran, dass ältere Patienten durch längere Krankenhausaufenthalte oder Operationen oft sehr geschwächt sind oder Alltagsfähigkeiten verlieren. Diese Patienten stürzen häufig oder können nicht mehr alleine für sich sorgen. Ob ein Patient in das Programm aufgenommen werden kann, entscheidet sich in einem geriatrischen Assessment. Dabei werden relevante geriatrische Probleme erkannt, also medizinische Ursachen, Schmerzzustände, sensorische Störungen, soziale oder emotionale Probleme. Außerdem wird die Medikation durch eine klinische Pharmazeutin in Bezug auf Wechselwirkungen, Dosierungsfehler, Kontraindikationen, mögliche Nebenwirkungen etc. überprüft, weil diese Patienten häufig viele Medikamente gleichzeitig nehmen.“
Die Besonderheit von „Besser zuhause“ ist, dass alle Interventionen nach dem Assessment zuhause stattfinden. „Es handelt sich hier um ein echtes Disease Management Programm speziell für ältere Menschen. Wir entwickeln ein auf den Patienten zugeschnittenes Therapieprogramm zur Verbesserung seiner Funktionalität, seiner Mobilität und damit seiner Alltagsautonomie. Dazu gehört auch die Überprüfung der Wohnraumsicherheit, ein längerfristig eigenständig durchführbares Präventionsprogramm gegen Stürze und eine psychologische Testung und Nachbetreuung“, erklärt Koller.
Ausweitung geplant
In der Pilotphase dieses gemeinsamen Projektes von Ordensklinikum Linz Elisabethinen, OÖ Gebietskrankenkasse, Land OÖ und Ärztekammer für OÖ können Patientinnen aus dem Raum Linz eine geriatrische Remobilisation in den eigenen vier Wänden in Anspruch nehmen. Dafür stehen in den nächsten drei Jahren jährlich 60 Plätze zur Verfügung. Seit Oktober 2017 wurden 32 Patienten ins Programm aufgenommen. Die Patienten sind zwischen 72 und 94 Jahre alt.
Nach erfolgreicher Evaluation des Pilotprojektes soll das Programm schrittweise auf weitere Spitalsstandorte ausgeweitet und Hausärzte mit geriatrischer Zusatzausbildung einbezogen werden. Als Vertreter der Hausärztinnen und Hausärzte war Dr. Wolfgang Ziegler, Kurienobmann-Stv. der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer für OÖ, von Anfang an in das Projekt eingebunden „Wir stoßen in der Betreuung von älteren Menschen immer mehr an die Grenzen unserer Möglichkeiten und werden in Zukunft neue Wege erschließen müssen, die Herausforderungen zu bewältigen. Das Programm zur mobilen geriatrischen Remobilisation ist deshalb ein sehr begrüßenswertes zusätzliches Angebot, Patienten nach schweren Erkrankungen gemeinsam mit ihren Hausärzten, Therapeuten und Pflegekräften in ihrem häuslichen und vertrauten Umfeld wieder zu größtmöglicher Selbstständigkeit zu führen“ so Ziegler.
Das Programm „Besser zuhause“ zur mobilen geriatrischen Remobilisation wird jeweils zur Hälfte aus Mitteln des Landes OÖ und durch die Sozialversicherung aus Strukturmitteln des oö. Gesundheitsfonds finanziert. In der dreijährigen Pilotphase betragen die jährlichen Kosten Euro 212.341,--.