Die Krux mit dem Kalk – Volkskrankheit „Kalkschulter“
Wenn es plötzlich in der Schulter spießt, ist oftmals die sogenannte „Kalkschulter“ daran schuld. Sie ist eine der häufigsten Ursachen für Schulterbeschwerden und kann ohne Vorwarnung auftreten. Vor allem Frauen zwischen 30 und 50 Jahren sind davon betroffen, aber auch Männer leiden unter den schmerzhaften Kalkeinlagerungen. Die Spezialist*innen des Ordensklinikum Linz wissen genau, was in so einem Fall zu tun ist.
„Wie der Name schon sagt, kommt es bei einer Kalkschulter zu einer Einlagerung von Kalk in der Schulter. Vor allem dort, wo die Sehnen nicht gut durchblutet werden oder das Schulterdach Druck ausübt, können diese Ablagerungen entstehen“, erklärt FA Dr. Felix Rittenschober von der Orthopädie des Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern. Spannend dabei ist, dass meist nicht die Kalkablagerung selbst schmerzhaft ist, sondern deren Abbau. „Wenn sich die Kalkdepots in der sogenannten Resorptionsphase auflösen, kann Kalk in den Schleimbeutel gelangen. Dies ruft dann wiederum eine (akute) schmerzhafte Entzündungsreaktion hervor“, beschreibt OA Dr. Martin Bischofreiter MSc, ebenfalls Orthopäde, den Erkrankungsverlauf. Die Schmerzen entstehen bei einem akuten Verlauf „über Nacht“, ohne dass ein direkter Auslöser bekannt ist.
„Es sind insbesondere die Ruheschmerzen, die den Patient*innen Probleme bereiten und zu einer Schonhaltung führen“, führt OA Dr. Bischofreiter weiter aus. Betroffene leiden teilweise unter sehr starken Schmerzen, die sich nachts entweder nachts beim Liegen auf der Schulter oder tagsüber beim Anheben des Arms über Schulterhöhe verstärken. Durch die Schonhaltung können zusätzlich schmerzhafte Verspannungen hinzukommen. FA Dr. Rittenschober unterscheidet: „Bei einem chronischen Verlauf entwickeln sich die Schmerzen zusehends. In der Regel sind sie nicht so massiv, wie bei einem akuten Verlauf, sodass die betroffene Schulter noch bewegt werden kann.“
Behandlung
Operiert werden muss eine Kalkschulter nicht gleich. In der Akutphase helfen Ruhe und Schonung, sowie Schmerzmittel oder eine Injektion mit Kortison. Diese wirkt entzündungshemmend und abschwellend und verringert dadurch den Schmerz. „Verschiedenste physikalische Maßnahmen, wie lokale Kälteanwendungen, Lasertherapie oder Ultraschallanwendungen, können die Symptome ebenfalls lindern“, erklärt Prim.a Dr.in Daniela Gattringer, MSc, Leiterin der Abteilung für Physikalische Medizin und Rehabilitation am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern. Auch die Stoßwellentherapie ist eine bekannte Behandlungsmethode. Dabei wird jedoch nicht, wie oft angenommen, durch die Stoßwellen das Kalkdepot in der Schulter zerstört, klärt Prim.a Dr.in Gattringer auf: „Vielmehr lösen die Druckimpulse die Freisetzung von wachstums- und entzündungshemmenden Faktoren aus und fördern gleichzeitig die Durchblutung.“ Auch FA Dr. Rittenschober bestätigt den Erfolg dieser Behandlung: „Studien konnten eine klinische Beschwerdefreiheit nach der Stoßwellentherapie von bis zu 70% nachweisen.“
Sobald es die schmerzhaft entzündete Kalkschulter wieder zulässt, sollte mit der Physiotherapie mit speziellen Bewegungsübungen begonnen werden. „So können langfristige Bewegungseinschränkungen vermieden werden. Zu Beginn eignen sich passive Übungen und Dehnübungen gegen Begleitverspannungen. Ziel der Therapie ist es, den funktionellen Ablauf der Schulterbewegung zu verbessern“, erklärt die Spezialistin. Gezieltes Training hilft das Schulterblatt zu kontrollieren, den Oberarmkopf zu zentralisieren und nach unten zu ziehen. Dadurch erhält die belastete Sehne wieder mehr Platz und wird entlastet.
Sind die konservativen Therapiemaßnahmen ausgeschöpft und die Symptome weiterhin vorhanden, kann eine Operation notwendig werden. „Dabei wird arthroskopisch mit der „Schlüsselloch-Technik“ das Kalkdepot eröffnet. Eine vollständige Entfernung ist ohne größeren Sehnenschaden meist nicht möglich. Die aktuelle Studienlage zeigt jedoch, dass die Reduktion des Depots oftmals ausreicht, um die Beschwerden zu lindern. Die Entfernung des Schleimbeutels ist ein häufiger Begleiteingriff“, beschreibt OA Dr. Bischofreiter.
Vorbeugung
Um der Kalkschulter von vornherein entgegenzuwirken, empfiehlt Prim.a Dr.in Gattringer: „Vorbeugend sollten muskuläre Dysbalancen im Schulterbereich ausgeglichen werden, gerade bei häufigen Überkopfarbeiten oder -bewegungen bei Sportarten wie Volleyball oder Schwimmen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Schulterblattstabilisierung und Kräftigung der hinteren Muskeln der Schulter.“
Wichtig anzumerken ist, dass die Verkalkung nicht zwingend zu Beschwerden führen muss. „Bis zu 20% der Bevölkerung haben Kalkdepots in der Schulter ohne Schmerzen zu verspüren. Solange keine Beschwerden entstehen, ist es unbedenklich und braucht nicht weiter behandelt werden“, beruhigt FA Dr. Rittenschober.
Rückfragehinweis für Journalist*innen:
Karin Mühlberger
karin.muehlberger@ordensklinikum.at
+43 (732) 7676 – 2246
+43 (664) 88281533
www.ordensklinikum.at
Foto (© Ordensklinikum Linz)
Foto 1: Expert*innen-Team (v.l.n.r.) FA Dr. Felix Rittenschober, Prim.a Dr.in Daniela Gattringer, MSc, OA Dr. Martin Bischofreiter MSc
Foto 2: Prim.a Dr.in Daniela Gattringer, MSc, Leiterin der Abteilung für Physikalische Medizin und Rehabilitation am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern
Foto 3: FA Dr. Felix Rittenschober / Orthopädie des Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern
Foto 4: OA Dr. Martin Bischofreiter MSc / Orthopädie des Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern
Foto 5: Abbildung Kalkschulter