Ordensklinikum Linz stellt sich in Zusammenarbeit mit der AUVA der Herausforderung „Beruflich bedingter Hautkrebs“
Hautkrebs ist der häufigste Krebs bei Männern und Frauen in allen Ländern mit hellhäutiger Bevölkerung und nimmt jährlich um bis zu zehn Prozent zu. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist jeder dritte Todesfall durch hellen Hautkrebs auf UV-Bestrahlung im Berufsleben zurückzuführen. Seit März 2024 ist der beruflich bedingte Hautkrebs in Österreich als Berufskrankheit anerkannt. Das Berufsdermatologische Zentrum am Ordensklinikum Linz Elisabethinen legt seither in Zusammenarbeit mit der Allgemeinen Versicherungsanstalt (AUVA) verstärkt ein Augenmerk auf Prävention und Therapie des beruflich bedingten Hautkrebses.
Die Zahlen zeigen deutlich, dass Hautkrebs ein weltweites und immer relevanter werdendes Thema ist. Untersuchungen der vergangenen Jahre zeigten, dass die Inzidenz (die Anzahl neu aufgetretener Krankheitsfälle) für weißen Hautkrebs bei fast acht Millionen Fällen liegt. Statistisch wurde 2017 berechnet, dass in Zukunft jeder 8. Mann und jede 11. Frau an weißem Hautkrebs erkranken wird. Schon zwischen 2007 und 2017 stiegen die Krankheitsfälle um 33 Prozent an. „Das Problem ist auch, dass die Hälfte der an weißem Hautkrebs Erkrankten mehrere Läsionen – also anormale Flecken oder Wucherungen auf der Haut – entwickeln und das bereits im ersten Jahr“, sagt OÄ Dr.in Barbara Ebner, Leiterin des Berufsdermatologischen Zentrums und der Allergieambulanz am Ordensklinikum Linz Elisabethinen.
Durch die verstärkte UV-Exposition kommt es zur Schädigung der DNA der Keratinozyten (spezialisierte Zellen der Haut, die Keratin produzieren) und des natürlichen Reparaturmechanismus‘ der Haut. „Gerade die Inaktivierung des Proteins p53, einem wichtigen Kontrollmechanismus im Krebswachstum (Tumorsuppressor-Gen), spielt hier eine wesentliche Rolle“, erklärt OÄ Ebner.
Herausforderungen für das Gesundheitssystem
„Wir haben bereits jetzt nicht mehr die Dermatolog*innen, um all die Krebserkrankungen rasch zu versorgen. Das Missverhältnis zwischen Erkrankungen und zur Verfügung stehender Kapazität der Gesundheitssysteme wird sich in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen“, zeigt sich Univ.-Prof. Dr. Swen Malte John, Ordinarius und Leiter der Abteilung für Dermatologie und Umweltmedizin der Universität Osnabrück, besorgt. Neben dem Anstieg des Altersdurchschnitts der Bevölkerung sind auch UV-Strahlung (Ultraviolette Strahlung) als wesentliche Faktoren für die steigenden Zahlen zu nennen.
„Die UV-Strahlung ist nicht nur im privaten Bereich wichtig, sondern spielt vor allem im beruflichen Umfeld eine wesentliche Rolle. Aber nach wie vor wird das Risiko der UV-Belastung am Arbeitsplatz unterschätzt“, sagt Univ.-Prof. Dr. Werner Aberer, Emeritierter Vorstand der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie an der Medizinischen Universität Graz. „Zu den Hochrisikoberufen mit besonders starker UV- Belastung zählen vor allem Menschen, die beruflich außenbeschäftigt sind, wie Kanalbauer*innen, Dach- und Fassadenbauer*innen, Dachdecker*innen, Maurer*innen, Zimmer*innen, Obst- und Gemüsegärtner*innen oder Landwirt*innen. Es gibt in Europa ca. 70 Millionen im Freien Arbeitende, sogenannte Outdoorworker, die diesem erhöhten Risiko täglich ausgesetzt sind. Dies bedeutet nicht nur für die betroffenen Menschen eine enorme Belastung durch eine Krebserkrankung, sondern belastet auch das Gesundheitssystem nachhaltig mit massiven Kosten.“
Weltgesundheitsorganisation erkennt Gefahr
Univ.-Prof. John ist als Berater für diverse UN-Institutionen tätig, darunter die Weltgesundheitsorganisation (WHO), und bemerkt: „Die Weltgesundheitsorganisation stellt aktuell fest, dass jeder dritte Todesfall durch hellen Hautkrebs weltweit auf berufliche UV-Exposition zurückzuführen ist und propagiert dementsprechend forcierte Anstrengungen für eine umfangreiche arbeitsplatzbezogene Prävention.“ Im Februar hat die WHO zusätzlich beschlossen, eine Resolution in das World Health Assembly (WHA), ein Parlament der WHO mit 194 Mitgliedsstaaten, einzubringen. „Hautkrankheiten wird darin eine besondere Priorität eingeräumt. In dieser Resolution wird die Gefahr, die für die Bevölkerung weltweit durch Hautkrebs hervorgerufen wird, und auch das Erfordernis des UV-Schutzes betont“, sagt John. Bereits 2022 präsentierte der Experte ein TOP Konzept mit technischen, organisatorischen und personenbezogenen Präventionsmaßnahmen. Dieses Konzept kann dabei helfen, für jeden investierten Euro eine Einsparung von 3,60 Euro für das Gesundheitssystem zu erzielen. Auch die Früherkennung im Rahmen von Hautkrebsscreenings zählt zu den weiteren wesentlichen Faktoren.
Prävention als wirksames Mittel
„Die Prävention ist einfach und kostengünstig. Es hilft zum Beispiel, in den Schatten zu gehen, die richtige Kleidung und Lichtschutzmittel sowie die Aufklärung und Einübung bereits in der Kindheit nach dem Vorbild Australien“, rät Univ.-Prof. Dr. Swen Malte John. „Im Zusammenhang mit dem Klimawandel hat sich die UV-Exposition der Bevölkerung von 130 Standard-Erythemdosen (SED) – dem Maß der Bestrahlung – pro Jahr auf jetzt etwa 260 SED in Deutschland verdoppelt. Kinder sind hierdurch besonders gefährdet, weil sie jeweils einen Lichthauttyp empfindlicher sind als im späteren Erwachsenenalter.“
Mag.a Maria Lesterl, Direktorin der Landesstelle Linz der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA), sieht beim Thema Hautkrebs auch die Arbeitgeber*innen in der Pflicht, die Prävention im beruflichen Alltag zu integrieren: „Beschäftigte, die im Freien arbeiten, sind besonders gefährdet und damit eine Hochrisikogruppe. Die AUVA unterstützt die Arbeitgeber*innen deshalb gezielt in der Bewusstseinsbildung und Beratung. Wichtig ist es, Lichtschutzmaßnahmen aktiv zu propagieren und auch entsprechende Kleidung, breitkrempige Kopfbedeckungen mit Ohren- und Nackenschutz und Sonnenschutzmittel zur Verfügung zu stellen sowie deren Benutzung den Beschäftigten nahezulegen und zu fördern.“
In der Praxis zeigen präventive Maßnahmen durchaus Wirkung, wie Univ.-Prof. Aberer betont: „Als Berufsdermatologe kann ich feststellen, dass bereits in der Vergangenheit präventive Maßnahmen bei den beruflich bedingten Handekzemen sehr viel Leid bei den Patient*innen, als auch volkswirtschaftliche Folgekosten reduziert haben und wir hoffen, dass durch die Anerkennung des beruflich bedingten Hautkrebses und damit den nun zu fördernden präventiven Maßnahmen dies auch dort der Fall sein wird.“
Beruflich bedingter Hautkrebs
Univ.-Prof. Dr. Swen Malte John berichtet: „Als Berufskrankheit wurde der beruflich bedingte Hautkrebs in Deutschland bereits 2015 anerkannt. Seither wurden mehr als 90.000 Fälle gemeldet und machen damit rund zehn Prozent aller beruflichen Erkrankungen aus. Mit jährlich etwa 5000-6000 Fällen steht der durch Sonnenstrahlen ausgelöste Hautkrebs auf Platz zwei aller anerkannten Berufskrankheiten. Im Bezug auf das Gewähren einer Rente ist diese Krankheit in Deutschland sogar auf Platz eins bei rund 900 Fällen jährlich.“
Die AUVA hat schon vor der Anerkennung in Österreich auf die Entwicklungen reagiert. „In Österreich wurde im Jahr 2021 das Konzept der zentralen Koordination zur Leistungsabwicklung der Berufskrankheit weißer Hautkrebs mit einheitlichen Bewertungsstandards und einer effizienten Fallbearbeitung durch das Kompetenzcenter Berufskrankheiten der AUVA in Tobelbad vorbereitet. Das qualitative und effiziente Leistungsverfahren der BK-Hautkrebs konnte nur durch die Zusammenarbeit mit dem Berufsdermatologischen Zentrum des Ordensklinikum Linz Elisabethinen und der AUVA als Vertragspartner in dieser Form umgesetzt werden“, erklärt Dir.in Lesterl.
Seit März 2024 wurden mit dem Berufskrankheitenmodernisierungsgesetz nun auch in Österreich das Plattenepithelkarzinom, sowie aktinische Keratosen durch UV-Exposition in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen.
Das Leistungsverfahren der AUVA umfasst standardisierte Bewertungskriterien für die Anerkennung:
• Detaillierte Erfassung der beruflichen UV-Expositionshistorie
• Standardisierte dermatologische Begutachtung
• Einheitliche Bewertung des Kausalzusammenhangs zwischen Exposition und Erkrankung
• Koordinierte Leistungszuerkennung bei anerkannten Fällen
3. Berufsdermatologischer Kongress
Der 3. Berufsdermatologische Kongress in Linz wird in Kooperation von Ordensklinikum Linz Elisabethinen und der AUVA veranstaltet und findet am Samstag, 8. März, ab 8:30 Uhr im Courtyard by Marriott Linz statt. Im Zuge des Kongresses wird auch das Anerkennungs- und Leistungsverfahren der AUVA für weißen Hautkrebs bei beruflicher UV-Exposition vorgestellt.
„Bei diesem Kongress möchten wir gemeinsam mit der AUVA auf beruflich bedingten Hautkrebs aufmerksam machen, damit unter entsprechenden Präventivmaßnahmen am Arbeitsplatz die Zahl der beruflich bedingten Hautkrebsfälle reduziert wird“, erklärt OÄ Dr.in Barbara Ebner. Als Leiterin des Berufsdermatologischen Zentrums des Ordensklinikum Linz Elisabethinen setzt sich die Medizinerin für das Thema besonders ein. „Unser Zentrums-Team hat dazu beigetragen, dass Patient*innen mit beruflich bedingten Hautmanifestationen, in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzcenter Berufskrankheiten Tobelbad, eine bessere Versorgung erhalten haben und wir hoffen, dass dies nun auch für den beruflich bedingten Hautkrebs erreicht wird.“
Der Ärztliche Direktor des Ordensklinikum Linz Elisabethinen, Dr. Michael Girschikofsky, betont: „Das Berufsdermatologische Zentrum bietet Patient*innen mit Handekzemen oder komplexen berufsdermatologischen Problemen die Möglichkeit einer Anlaufstelle zur Therapie und Diagnostik. Durch die intensive Zusammenarbeit der verschiedenen Expert*innen kann auf aktuelle Entwicklungen – wie die steigenden Zahlen bei beruflich bedingtem Hautkrebs – reagiert und so die Versorgung der Menschen in Oberösterreich noch weiter verbessert werden.“
Auch international tauschen sich Expert*innen regelmäßig über die Entwicklungen zum beruflich bedingten Hautkrebs aus. „Der ‚4th Multi-Stakeholder Summit on Occupational Skin Cancer‘ unter Beteiligung von WHO und Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) wird am 4. April in Athen, Griechenland stattfinden. Im September 2024 wurde der ‚Global Call to Action to Protect Outdoor Workers from Skin Cancer by Solar Ultraviolet Radiation Exposure‘ als Ergebnis des letzten Summits und Aktualisierung des ‚position statement‘ von 2021 veröffentlicht“, berichtet Prof. John.
Abschließend hält Univ.-Prof. Dr. Norbert Sepp, Leiter der Dermatologie am Ordensklinikum Linz, fest: „Mit der Alterung der Bevölkerung und der beruflichen Exposition durch UV-Bestrahlung wird Hautkrebs in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine große Herausforderung für das Gesundheitswesen darstellen.“
Hier finden Sie mehr zur Abteilung Dermatologie.
Fotos © Ordensklinikum Linz/Martin Wiesler:
Foto 1/Titelbild: Das Podium der Pressekonferenz v.l.: OÄ Dr.in Barbara Ebner (Leiterin des Berufsdermatologischen Zentrums Ordensklinikum Linz Elisabethinen), Prim. Univ.-Prof. Dr. Norbert Sepp (Leiter der Dermatologie Ordensklinikum Linz Elisabethinen), Univ.-Prof. Dr. Swen Malte John (Leiter der Dermatologie und Umweltmedizin der Universität Osnabrück), Mag.a Maria Lesterl (Direktorin der AUVA-Landesstelle Linz), OÄ Dr.in Verena Rappold (Medizinische Leiterin der Stabsstelle Berufskrankheiten der AUVA), Univ.-Prof. Dr. Werner Aberer (Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie, MedUni Graz), Dr. Michael Girschikofsky (Ärztlicher Direktor Ordensklinikum Linz Elisabethinen)
Foto 2: OÄ Dr.in Barbara Ebner bei der dermatologischen Untersuchung mit einem Patienten
Rückfragehinweis für Journalist*innen:
Lena Gattringer, BA BA
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